Zwischen Pferdestärken und Gänseküken: 60 Minuten Königsallee
- Michael Dahmen
- 4. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 2 Tagen
In unserer letzten Ausgabe von "60 Minuten in..." verschlug es Falk und mich auf die Königsallee in Düsseldorf. Es handelt sich dabei um die Luxus-Einkaufs-Straße der Stadt, in der sich teure Uhren- und Modemarken den Bürgersteig mit wertigen Technologie-Unternehmen teilen.

Abwechslungsreich ist außerdem die Bebauung. Zwischen moderner Architektur ragen alt-ehrwürdige Bauten auf, zwischen cleanen Bürgersteigen liegen plötzlich Grünflächen mit verspielten Brunnen. Eine Welt der Kontraste.
Als Falk die "Kö", wie sie hier liebevoll genannt wird, als nächste Location für unser Projekt vorschlug, waren meine Gefühle erst gemischt. Mein erster Gedanke war "Dann komme ich ja um Menschen vor der Kamera nicht drumherum".
Um das direkt einzusortieren: Ich liebe es, Menschen zu fotografieren und ich schaue mir gerne bewundernd Street-Fotografie an. Allerdings fällt es mir unglaublich schwer, Menschen auf der Straße darauf anzusprechen, ob ich sie fotografieren darf. Und ungefragt fotografieren und die Bilder dann zu veröffentlichen, fühlt sich für mich in vielen Fällen auch falsch an. Zu diesem Thema haben Falk und ich viele Gedanken in Episode 264 von Fotografie tut gut ausgetauscht, aber da ich hier dann doch keine Menschen fotografiert habe, schiebe ich diese Thematik auf einen zukünftigen Blog-Beitrag.
Was aber fotografiert man auf der Königsallee, wenn nicht die so unglaublich vielfältigen Menschen, die dort zusammen kommen?
Ich hatte mich an diesem Tag nicht nur mit meinem inneren Schweinehund, sondern auch mit einem äußeren Faktor auf die Probe gestellt: Dabei hatte ich nämlich nur meine Sony α7iii und das manuelle Voigtländer 40mm f/1.2. Eigentlich als Kreativ-Schubser gedacht, wurde diese Entscheidung dann doch zu einer Hürde. Denn nachdem ich merkte, dass ich mich nicht auf die Personen auf der Straße stürzen wollte, fiel meine Wahl vorerst auf die Architektur, was mit den Platzverhältnissen, der Größe der Gebäude und damit unzähligen unschön stürzenden Linien durchaus anspruchsvoll wurde.
Auf dem Weg durch die Straßen wurde ich dann von einer weiteren Motiv-Kategorie angezogen. Seit meiner Jugend bin ich ein Fan von besonderen Autos. In erster Linie eigentlich vor allem Sportwagen, aber auch für eine G-Klasse kann ich mich bis heute begeistern. Mangels Kontostand beschäftige ich mich heutzutage nicht mehr so intensiv mit dem Thema, aber bei meiner Runde durch die hochsommerliche Innenstadt konnte ich meine Augen dann manchmal doch nicht von den Fahrzeugen lassen, die dort zwischen den alltäglicheren Autos herumstanden. Vor allem, wenn dahinter ein "Typisch Kö"-Hintergrund zu finden war.
Vor unserer Runde hatte ich noch gewitzelt, dass ich ja zur Not einfach mein Tele-Objektiv aufschnallen und die Düsseldorfer Wildtiere im Stadtgebiet fotografieren könnte. Nachdem ich das südliche Ende der Kö (oder genau genommen des markanten Teils der Königsallee) erreicht hatte, wartete dann eine überaus willige Nilgans auf mich. Da ich das 200-600mm aber dann doch zu Hause gelassen hatte, wartete eine neue Challenge auf mich: City-Wildlife mit einer manuellen 40mm-Linse. Auf dem Rückweg zu Falk kam ich dann noch an ein paar Gänseküken vorbei, die zumindest von einer Elternseite aus von einer Graugans zu stammen schienen (... die mich nicht aus den Augen ließ). Das hat - auch wenn ich mich erst über meine Objektivauswahl ein bisschen ärgerte - am Ende doch Spaß gemacht.
So erwiesen sich am Ende die 40mm doch noch als Vorteil, weil so natürlich immer noch ein Rest vom Hintergrund sichtbar blieb, der zumindest grob erahnen lässt, wo die Bilder entstanden sind.
Fazit
"Erstens: Es kommt immer anders, zweitens: als man denkt!" Vielleicht passt dieser zugegebenermaßen etwas verbrauchte Spruch an dieser Stelle ganz gut. Ich war mit einer ganz anderen (und vielleicht zu konkreten?) Erwartungshaltung in das Abenteuer "60 Minuten Königsallee" gestartet und fand mich dann, als ich feststellte, dass mein Plan A mir an diesem Tag nicht passte, ohne Plan B wieder. Anfangs war ich ehrlich gesagt etwas enttäuscht darüber. Dass ich diesen Blogbeitrag aber nun mit einigen Tagen Abstand verfasst habe, versöhnt mich mit dem Ausflug wieder etwas. Auf die Entfernung kann ich die Bilder auch selber wieder viel mehr genießen, als ich es beim ersten Betrachen am gleichen Tag konnte.
Ich nehme deswegen für mich mit: Flexibel bleiben! Es ist nicht schlimm, wenn ein Plan A zerbricht und die Situation sich ganz anders darstellt als zuerst angenommen. Hauptsache, die Gedanken drehen sich danach nicht um das Bedauern der Situation, sondern um die Möglichkeiten, die sich neben Plan A noch bieten.
Und: Ich gehe auf die Suche, warum ich mich so schwer damit tue, Menschen für ein Foto anzusprechen. Eigentlich habe ich noch nie eine echte Negativ-Erfahrung gemacht, wenn ich jemanden vor der Kamera hatte. Und doch ist es etwas ganz anderes für mich, ob ich "gebuchter" Fotograf bin oder zumindest erwartbar mit der Kamera dabei bin, oder ob ich frei durch die Gegend streife und jemanden ansprechen muss, um ihn vielleicht fotografieren zu dürfen. Wie wir in der Fazit-Folge zum Ausflug schon festgehalten haben: Menschen auf der Straße ansprechen ist für mich eigentlich kein Problem. Es sei denn, es geht darum, die Person zu fotografieren. Ich werde mich auf die Suche begeben, woran das liegt und wie ich über diesen Schatten springen kann. Vielleicht gibt es ja schon bald Neues zu diesem Thema, wenn es heißt "60 Minuten in..."
Vielen Dank für's Lesen und viele Grüße
Michael
Comments